Knocking on a dead man’s door

Die letzte Woche war mörderisch.
13 Verbände habe ich besucht.
13-mal habe ich stundenlang telefoniert, bis die Teilnehmer für das Training zusammen waren.
13-mal habe ich sie in der Nutzung des neu aufgebauten Internetportals geschult.
Dazu kamen endlose Staus bei der An- und Rückfahrt, kollabierende Internetverbindungen und dröhnende Klimaanlagen – das volle Programm!

Jetzt ist Sonntagmorgen, sieben Uhr. Einige Stunden Erholungsschlaf liegen bereits hinter mir, die weiteren noch vor mir. Ich umklammere mein Kissen und ziehe das nach Flieder duftende Federbett ein Stück höher.
„Fertig zum Abtauchen“, befiehlt mein Schlafkommandant.
Das Säuseln der modernen Split-Air-Condition verwandelt sich in Blubbern. Langsam tauche ich mit meinem Yellow Submarine ab – mitten hinein in bunte Traumwelten. Eine lange Reihe von Fischen steht im Unterwasserstau; Fischmünder formen endlos stumme Worte …

„Tok. Tok. Tok.“

Irgendetwas war da oben. Aber mein U-Boot ist bereits zu tief gesunken. Die Geräusche werden von kreiselnden Traumblasen verschluckt, prallen am Daunenschutzpanzer ab.

„TOK! TOK! TOK!“
Der Schutzpanzer zerreißt, die Traumblasen platzen. Mit drei schallenden Ohrfeigen werde ich ins Hier und Jetzt katapultiert.

„Wanuchieb“, krächze ich, justiere dann Gaumen und Zunge und rufe:
„I WANT TO SLEEP!“

Im nächsten Moment bereue ich meine Überreaktion. Schließlich bin ich sozio-kulturell sensibel – oder sollte es zumindest sein.
Mit einem Seufzer stehe ich auf, gehe zur Tür und öffne sie. Draußen steht mein Taxifahrer. Ich habe ihn für die Trainingsmaßnahmen in Abuja für eine Woche engagiert.

„Good morning!“, meint er und strahlt mich an.
„Yes, good morning!“, antworte ich.
„Good very morning“, hätte ich fast gesagt – schließlich ist es Sonntag, kurz nach sieben. Eine Zeit, in der die Welt nur im Bett in Ordnung ist.

„And…?“, ermuntere ich Taxman.
„I want to greet you!“, meint er und strahlt weiter.

All mein Fachwissen über kulturelle Eigenheiten anderer Länder verflüchtigt sich. Es bleibt: ein weißes, leeres und vor allem müdes Blatt. Das reine Nichts. Die reine Leere.

„I want to greet you, too“, höre ich jemanden sagen.
Das war wohl ich. Das sich noch weiter ausweitende Strahlen von Taxman bestätigt es.

„Have a nice day“, meint er schließlich, dreht sich um. Seine Schritte hallen über den Hotelflur und nehmen das Geheimnis seines frühmorgendlichen Besuchs mit. Ich schließe die Tür. Zum Weiterschlafen bin ich jetzt zu wach.
„Vielleicht gibt es Rührei und einen schönen Kaffee“, muntere ich mich auf – und stapfe ins Badezimmer.

Kommentare

Eine Antwort zu „Knocking on a dead man’s door“

  1. Yannick

    Ohh in diese Geschichte kann ich mich besonders gut rein fühlen…!

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