Die Besten gehen

„Was, du verlässt uns?“, frage ich Ahmad entsetzt.

Er nickt. Und wie immer umspielt ein feines Lächeln seine Lippen. Zwei Jahre haben wir in der nigrischen Industrie- und Handelskammer zusammengearbeitet. Als Tuareg hatte Ahmad nicht immer einen leichten Stand in der Organisation gehabt. Er musste mehr arbeiten, exzellente Arbeit vorweisen und allen Fettnäpfchen aus dem Weg gehen. All dies war ihm stets gelungen.

„Ich gehe zu den Vereinten Nationen“, meint er. Ein wenig Stolz ist in seiner Stimme zu hören.

„Wow!“, meine ich. Die Vereinten Nationen haben sehr strenge Auswahlkriterien. Sie nehmen nur hochqualifizierte Fachkräfte. Wer es aber durch die aufwendigen Assessment-Center schafft, kann sich über ein sehr ordentliches Gehalt und attraktive Zulagen freuen.

„Wir hätten dich hier noch gut gebrauchen können“, wende ich ein. Ahmad war mir von allen Kammermitarbeitern am nächsten gewesen. Wann immer ich Ratschläge für den Aufbau der neuen Abteilung für Kleinstunternehmer gebraucht hatte, war er mir mit Rat und Tat zur Seite gestanden.

„Ich weiß. Aber ich muss an meine Familie denken. Du weißt schon …“, antwortet er und nennt mir leise sein Einstiegsgehalt. Es ist höher als die Besoldung des Generalsekretärs der Kammer.

Kommentare

2 Antworten zu „Die Besten gehen“

  1. David F.

    Ohne viel Idealismus werden die Leute wohl oft weggehen, angesichts der krassen Unterschiede an materiellem Wohlstand zur ‚westlichen‘ Welt.

  2. Ja, das ist wohl so. Leider führt es in manchen Organisationen dazu, dass a.) nur weniger gut Qualifizierte in wichtigen Positionen sitzen und b.) Stellen immer wieder unbesetzt sind und die Arbeit hierdurch komplett blockiert wird. Aber es hat auch etwas Gutes: Ausländische Fachkräfte mit sehr gut bezahlten Jobs in internationalen Organisationen versorgen mit ihrem Geld häufig die ganze Verwandtschaft und manchmal auch das Heimatdorf.

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